Das plant der VDR für 2024

Jens Schließmann, GBTA + VDR Conference Hamburg 2023 | Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR)

Der Staffelwechsel erfolgte im Oktober: Nach 21 Jahren beim Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) übergab Hans-Ingo Biehl die Position als Hauptgeschäftsführer an Jens Schließmann. Bei der GBTA + VDR Europe Conference 2023 im November sprach fvw-Redakteur Oliver Graue mit ihm über Pläne, Herausforderungen und die Agenda für 2024.

fvw|TravelTalk: Herr Schließmann, gut 20 Jahre lang waren Sie für Lufthansa tätig, mussten in dieser Zeit den VDR-Negativpreis 'Return to Sender' entgegennehmen. Wie ist es, nun auf der anderen Seite zu stehen?
Jens Schließmann: Das empfinde ich gar nicht so, ich bin ja schon sehr lange im VDR aktiv, und daher ist vieles für mich nicht unbekannt. So engagiere ich mich seit Längerem in den Gremien mit Blick auf Themen wie Technologie und nachhaltiges Mobilitätsmanagement. Ich genieße das Engagement und das Miteinander im Verband sehr. Die Tätigkeit bei Lufthansa hat mir große Freude bereitet. Dort konnte ich sehr viel lernen und global mit vielen Menschen zusammenarbeiten. Diese Zeit behalte ich auch im Herzen. Nun freue ich mich, gemeinsam mit den VDR-Mitgliedern – Corporates und Anbietern – die Zukunft der Geschäftsreise aktiv mitzugestalten.

Also kein Haken an der Sache?
(lacht) Es ist sehr viel Arbeit – aber die macht Spaß.

Was haben Sie denn mit dem VDR vor, was wollen Sie ändern?
Den VDR zeichnen vor allem zwei Dinge aus – und die möchte ich weiterentwickeln: Zum einen ist es das einzigartige Netzwerk mit mehr als 600 Unternehmen. Zum anderen geht es um die inhaltliche Arbeit. Wir stehen für Expertise in geschäftlicher Mobilität. Mit Fokussierung auf unsere Gremienarbeit werden wir uns hier deutlich positionieren und somit noch attraktiver für Mitgliedsunternehmen werden.

Was genau bedeutet das?
Es geht darum, jenseits der etablierten Fachausschüsse auch kurzfristig Projektgruppen zu aktuellen Themen zu bilden. Schon mit dem Kompetenzteam Nachhaltigkeit sind wir erfolgreich einen neuen Weg gegangen, und zu den Themen ganzheitliche Mobilität, Multimodalität und New Work haben wir gerade zu einer Projektgruppe aufgerufen. Ziel ist es, konzentriert Ergebnisse zu erarbeiten, die wir unseren Mitgliedern an die Hand geben können.

„Projektgruppen zu aktuellen Themen werden die Ausschüsse ergänzen.“

Wie sieht denn konkret Ihre Agenda für das kommende Jahr aus?
Neben der erwähnten inhaltlichen Arbeit möchte ich die Zusammenarbeit in der Branche verstärken, vor allem, um die Relevanz unserer Branche auch in Berlin und Brüssel noch sichtbarer zu machen. Dazu gehört, dass wir nicht nur mit Business-Verbänden wie GBTA oder BT4Europe kooperieren, sondern auch mit touristischen Größen, sofern es die geschäftliche Mobilität betrifft.

Um welche politischen Themengeht es denn dabei?
Digitalisierung, Bürokratieabbau, A1-Bescheinigung: Das sind Themen, um die wir uns bereits seit einiger Zeit kümmern und die weiterhin im Fokus stehen. Das Präsidium um Christoph Carnier und Inge Pirner ist hier – gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft von Beust & Coll. – sehr aktiv. Zu den Erfolgen, an denen wir beteiligt waren, zählen die Aussetzung der Meldepflicht in Hotels und die weitgehende Steuerfreiheit für die dienstlich finanzierte Bahncard 100. Für 2024 werden Punkte wie das Mobilitätsdatengesetz, multimodale Plattformen und Rahmenbedingungen für das Mobilitätsbudget noch wesentlicher. Wir werden immer dann die Hand heben, wenn sich die Politik mit regulatorischen Fragen beschäftigt, die Prozesse der Geschäftsreise tangieren.

Ein aktuelles Beispiel?
Nehmen Sie die Luftsicherheitsgebühren. Kommt es hier wie geplant zu einem weiteren Preisanstieg, wird dies dazu beitragen, dass Geschäftsreisende in Grenzregionen zunehmend die Flughäfen der Nachbarstaaten als günstigere Alternative nutzen, was durch die dann längere Anreise weniger nachhaltig wäre. Zudem bremsen solche zusätzlichen staatlichen Belastungen die Erholung des Luftverkehrs am Standort Deutschland und treffen damit auch die Geschäftsreisenden und die sie entsendenden Unternehmen negativ.

Und das, wo die Reisepreise sowieso schon deutlich gestiegen sind.
Hier ist ein Limit erreicht, weiter nach oben darf es nicht gehen. Die drastischen Preissteigerungen führen zwar dazu, dass Unternehmen verstärkt über einen Wandel bei Geschäftsreisen nachdenken und somit teils weniger verreisen, was für den ökologischen Fußabdruck gut ist. Dieser Fußabdruck kann aber auch durch nachhaltigere Reiseoptionen positiv beeinflusst werden. Die Optionen kosten meist jedoch deutlich mehr, und hierfür fehlt dann vielen Unternehmen das höhere Budget.

Haben auch die Kriege und Krisen Folgen für die Geschäftsreise?
Das haben sie sicher, ebenso auf die Prozesse im Travel Management. Und gerade in solchen Zeiten sind Kontakte vor Ort relevant. Wirtschaftliche Beziehungen und damit Corporate Travel können hier für ein besseres gegenseitiges Verständnis sorgen.

Ein anderes wichtiges Thema ist der Fachkräftemangel.
Dem haben wir uns in dreierlei Hinsicht angenommen. Zum einen stärken wir unser neues Gremium Young Professionals, indem wir es wann immer möglich einbringen – jüngst haben wir die Nachwuchskräfte beim Besuch des Forums Geschäftsreisen unterstützt. Zweitens arbeiten wir politisch in Plattformen wie der Nationalen Tourismusstrategie der Bundesregierung mit, in der sich eines der vier Arbeitspakete mit Fachkräften beschäftigt. Und drittens beschäftigen wir uns mit den Themen Blended Travel und Workation, mit denen Arbeitgeber ihre Attraktivität maßgeblich steigern können.

Was steht denn inhaltlich 2024 an erster Stelle?
Technologie und Nachhaltigkeit behalten ihren hohen Stellenwert. So erfreut sich der von der VDR-Akademie frisch aufgelegte Zertifikatskurs 'Sustainable Business Travel' einer enorm großen Nachfrage. In der Technologie wollen wir uns in einer Art Zukunftswerkstatt mit KI und ihrer Bedeutung im Geschäftsreise-Management beschäftigen. Eine große Rolle werden schließlich die ganzheitliche Mobilität sowie das Berufsbild des Travel Managers spielen. Immer mehr geht es hier um Prozesse, Stakeholder-Management und strategische Fragen statt ums Verhandeln.

Finden Sie genügend Resonanz für Ihre Wünsche bei den Anbietern? Die Geschäftsreise erholt sich nur langsam, während der Tourismus boomt.
Business Travel wird immer extrem wichtig sein, auch für den Umsatz der Anbieter. Dass über die Sinnhaftigkeit einzelner Reisen verstärkt nachgedacht wird, ist gut – aus finanziellen und ökologischen Gründen und natürlich auch mit Blick auf die Work-Life-Balance.

Aber der Eindruck ist, dass Hotels und Fluggesellschaften verstärkt in Richtung Leisure umsteuern.
Sie positionieren sich zweifellos deutlicher als bislang im touristischen Segment, das gerade in den letzten zwei Jahren eine besondere Relevanz für die Anbieter hatte. Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass Business Travel für sie an Bedeutung verloren hat. Ich verweise auf die GBTA/VDR-Tagung, wo sich Dutzende Anbieter den Besuchern präsentiert haben. Das hätten sie nicht getan, wenn Geschäftsreise keine bedeutende Rolle für sie spielen würde. Zudem sind auch einige unserer neuen Mitgliedsfirmen Anbieter, und wir freuen uns über weitere.

(Text: Oliver Graue, fvw | Travel Talk)

 

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