Für Inhaber einer privat genutzten BahnCard gibt es seit Mitte April die Möglichkeit, aufgrund der eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten durch die Corona-Pandemie einen Reisegutschein als Ausgleich anzufordern. Für Besitzer einer BahnCard Business (BCB) existiert eine solche Regelung dagegen bisher nicht. Diese Praxis bedeutet einmal mehr eine Ungleichbehandlung von Geschäfts- und Privatkunden und stellt die Vorteile der BCB erneut in Frage. Sehr zum Ärger der Travel Manager, denn die Geschäftskunden haben bei der Preis- und Erstattungspolitik der Bahn nicht zum ersten Mal das Nachsehen.
So wurde beispielsweise bereits der gegen Gutschein stornierbare Sparpreis aus den Buchungssystemen für Business-Kunden gestrichen und ein nicht-stornierbarer Super-Sparpreis eingeführt. Mit dem Flexpreis Business, welcher zuvor „abgeschaffte“ Tarifbedingungen zu einem höheren Preis wieder inkludierte, hat die Bahn schließlich einen gänzlich neuen Tarif etabliert – wieder zum Nachteil der Geschäftskunden. Denn dieser Tarif ist nun der einzige, auf den die Bahn noch einen Großkundenrabatt gewährt. Die Unternehmen stehen einem Monopolisten inzwischen ohne jeglichen Verhandlungsspielraum gegenüber.
Fürsorgepflicht geht vor
Uns ist bewusst, dass die Bahn mit nur geringen Einschränkungen auch in Zeiten restriktiver Corona-Maßnahmen den Personenfernverkehr in Deutschland aufrechterhält und damit Mobilität gewährleistet. Das bewerten wir grundsätzlich positiv. Hier argumentiert die Bahn aber nun, dass das Fahrtangebot aktuell vorrangig für beruflich motivierte Reisen genutzt wird, da private Reisen weiterhin nur sehr eingeschränkt möglich seien. Zitat Bahn: „Unternehmen hingegen steht das Angebot der Bahn zur vollen Verfügung, sodass die weiterhin erlaubten Geschäftsreisen, je nach Ermessen der Unternehmen, durchgeführt werden können.“ Im Widerspruch dazu steht allerdings in erster Linie die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Laut aktueller VDR-Barometerumfrage erlauben nämlich 74 Prozent der Unternehmen Geschäftsreisen derzeit nur in Ausnahmefällen. Dazu zählen wohl vorrangig Montageeinsätze, die unabdingbar sind.
Als weiteren Grund für die unterschiedlichen Kulanzregelungen führt die Bahn an, dass sich BCB wesentlich schneller amortisierten als private BahnCards. Hier sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass die BCB um einiges teurer sind und in den letzten Jahren prozentual viel stärker von Preiserhöhungen betroffen waren als die privaten BahnCards.
Wir wissen, dass diese Kulanzregelungen freiwillig sind und Kunden darauf keinen Rechtsanspruch erheben können. Dennoch stellt sich den Unternehmen bei der BCB nun die Frage, ob die Vorteile (wie z.B. Sonderkündigungsrecht bei Ausscheiden eines Mitarbeiters, kein Abo) noch den höheren Preis rechtfertigen.
Kulanz der Bahn in Zeiten von Corona
Bereits zu Beginn der Kontaktbeschränkungen hatte die Bahn Kulanzregelungen eingeführt, die nun nochmals erweitert wurden. Tickets, die bis zum 13. März gekauft wurden – mit Reisedatum bis zum 4. Mai, können bis 31. Oktober genutzt werden. Dazu zählen auch Sparpreis- und Supersparpreis-Tickets, die sonst nicht stornierbar sind und eine Zugbindung beinhalten. Grundsätzlich positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass die Bahn Stornierungen bei Geschäftskunden nicht mit Gutscheinen, sondern mit einer vollen Rückerstattung auf die jeweiligen Zahlungsmittel abwickelt, um den unternehmensinternen Prozessen Rechnung zu tragen. BahnCard-100-Kunden wiederum müssen sich an den BahnComfort Service wenden, hier ist derzeit ist noch keine pauschale Kulanzregelung angedacht.
Bahn auf dem Abstellgleis
Für alle Beteiligten ist die Corona-Pandemie wirtschaftlich eine große Herausforderung und es sind partnerschaftliche Vorgehensweisen gefragt. In der vergangenen Woche haben wir gemeinsam mit der Deutschen Bahn einen Blick in die Zukunft gewagt. Noch vor Corona war die Bahn aus nachhaltiger Sicht das Verkehrsmittel der ersten Wahl.
Heute sieht es ein wenig anders aus. Es braucht nun Schutzkonzepte, die bisher noch nicht in dem Umfang vorliegen, wie sie von Reisenden und Unternehmen gefordert werden. Die bisherigen Maßnahmen umfassen die Empfehlung zum Tragen von Alltagsmasken, die zweistündliche Reinigung der Fernverkehrszüge, Abstandsmarkierungen im Zug, in Bahnhöfen und Servicestationen, den Verzicht auf Printmedien und Einweggeschirr, Informationen zu Abstands- und Hygieneregeln sowie die Ausstattung mit Desinfektionsmitteln in relevanten Bereichen. Bei der Frage zu der Verbreitung des Virus über die Klimaanlagen beruft sich die Bahn auf aktuelle Studien, die Ansteckungen vorrangig über direkte Tröpfcheninfektion nachweisen.
Dabei geht es auch um die Frage, wie die Bahn den nötigen räumlichen Abstand der Reisenden gewährleistet. Bisher stellt dies kein Problem dar, denn die Züge sind wenig ausgelastet. Was aber, wenn die Reisetätigkeiten wieder zunehmen? Die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geforderte Reservierungspflicht, und damit Sicherstellung eines Mindestabstands in Zügen, wäre sicher eine Möglichkeit. Denn nur auf Freiwilligkeit der Reisenden zu setzen, reicht den Unternehmen nicht aus.
Wir müssen erwägen, dass Massentransportmittel wie Flugzeug und Bahn künftig das Nachsehen haben werden, falls die Reisestrecke in zumutbarer Weise auch mit einem individuellen Verkehrsmittel, wie z.B. dem Auto zurückgelegt werden kann. Die Fürsorgepflicht der Unternehmen wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Im aktuellen VDR-Barometer geben gut 26 Prozent der befragten Travel Manager an, dass ihre Geschäftsreisenden künftig mehr mit dem PKW unterwegs sein werden. Dabei steht die Debatte der Lockerungen und Wiederaufnahme von Geschäftsreisen erst am Anfang. Fest steht, die Arbeitswelt wird sich durch die Corona-Pandemie ändern, ein „weiter wie bisher“ wird es nicht geben und die Zahl an Geschäftsreisen wird vorerst nicht auf das alte Niveau zurückkehren.
Eine weitere Frage, die den Travel Managern mit bahn.business-Programmen unter den Nägeln brennt, ist der Umgang mit den Umsatzzielen für 2020, die aufgrund der Umstände nicht mehr haltbar sein werden. Dazu macht die Bahn bisher keine Angaben, da momentan operative Themen Vorrang hätten.
Die Bahn wirbt massiv um das Verständnis der Geschäftsreisekunden. Was sie allerdings dabei nicht berücksichtigt ist, dass auch die Unternehmen auf der Kundenseite negativ von der Krise betroffen sind. Mitarbeiter in Kurzarbeit nutzen keine BahnCard für Dienstreisen. Das besondere Kündigungsrecht für die BCB gilt aber nur für Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen. Folglich ist eine Amortisation fraglich. Ein Lösungsansatz könnte die Verlängerung der Laufzeit aktueller Bahncards für die Zeit nach der Krise sein. Aber auch hier hat der Fachausschuss bei der Deutschen Bahn bedauerlicherweise kein Entgegenkommen signalisiert bekommen. Wir werden uns aber weiter dafür einsetzen, dass Geschäftskunden dieselbe Wertschätzung wie die Privatkunden erhalten.
Weitere Informationen zum Fachausschuss Bahn und Fernbus