Brief aus Berlin (1): Interessenkampf

In der Politik geht es immer um Interessen. Parteien bündeln Interessen und versuchen, dafür von den Wählern Stimmen zu bekommen, um die je spezifischen Interessen dann in Regierungsverantwortung in praktische Politik umsetzen zu können. Die gerade abgebrochenen Sondierungsgespräche zur Bildung einer Jamaikakoalition haben die eindrucksvoll gezeigt. Gescheitert sind die Gespräche, weil eben gerade nicht genug gemeinsame Interessen zwischen den vier beteiligten Parteien vorhanden waren.

Die Lobbyarbeit von Verbänden folgt dem gleichen Prinzip. Verbände vertreten die Interessen ihrer Mitglieder. Sie können dies umso erfolgreicher tun, je besser es ihnen gelingt, im Dialog mit Politikern die gemeinsamen Interessen des Verbandes mit denen der Gesprächspartner herauszuarbeiten. Deshalb ist Lobbying immer individuell. Es berücksichtigt die Parteipositionen der Gesprächspartner, aber auch deren jeweilige individuelle Interessen.

Im Hauptstadtbüro des VDR bereiten wir uns deshalb auf jedes Gespräch akribisch vor. Wir versuchen, ein individuelles Interessenprofil des jeweiligen Gesprächspartners zu erstellen. In dieses gehen Partei- und persönliche Interessen ein, aber auch die des Wahlkreises, der Region, die der Politiker vertritt, seines Berufes, seiner Verbandsmitgliedschaft etc. Die Herausforderung besteht immer darin, die vom Vorstand definierte Position zu einem Thema so aufzubereiten und darzustellen, dass eine möglichst große Schnittmenge an Interessen formuliert werden kann.

Natürlich gelingt dies manchmal mehr und mal weniger, immer aber ist es unser Anspruch.

 

Über unseren Autor

Dr. Hubert Koch war bis März 2020 Repräsentant des VDR im politischen Berlin. In seinem Brief aus der Hauptstadt berichtete er, was sich hinter den Kulissen abspielt und an welchen Stellen die Lobbyarbeit des VDR ansetzt, um die Interessen seiner Mitglieder bestmöglich zu vertreten.