New Distribution Capability (NDC) – Chancen und Herausforderung

Es besteht kein Zweifel darüber, dass die GDS-Systeme der Vergangenheit überaltert sind und die Funktion einiger Mittler innerhalb der Wertschöpfungskette Flug auf den Prüfstand gehören.

Die VDR-Corporate-Unternehmen haben verstanden, dass NDC ein neuer Datenstandard ist, den die Fluggesellschaften nutzen wollen, um ihre Distribution zu verbessern. NDC soll es den Airlines ermöglichen, Effizienz und Wirtschaftlichkeit ihrer Distributionskanäle zu steigern, indem sie durch zusätzliche Angebote eine Produktdifferenzierung erreichen und personalisierte Flugreisen kreieren können. Weitere Vorteile sind, dass sie durch NDC die Hoheit über ihre Preisbildung zurückerlangen und die Time-to-Market-Reaktionszeiten minimieren. Die Einführung von NDC erfolgt bereits schrittweise, allerdings wirft der Einsatz des neuen Standards immer noch viele Fragen auf Seiten der Unternehmen auf, die zu Unsicherheiten führen.

Welche Chancen sehen die VDR-Mitgliedsunternehmen in NDC?

  • Individualisierte Pakete, die der jeweiligen Travel Policy entsprechen, z.B. mit
     
    • Individueller Bordverpflegung
    • Priority Safety Checks
    • Priority Boarding
    • Sitzplatzangebote
    • Günstigere Tarifangebote bereits gebuchter Tickets durch die Airlines selbst
    • CO2-Kompensation von Flügen
    • Zugang zu Lounges, unabhängig von der Buchungs- und Serviceklasse
    • Individuelle Buchungs- und Stornierungsbedingungen
  • Intermodalität durch Tür-zu-Tür-Lösungen: Fluggesellschaften könnten in Zukunft standardisiert Flugtickets in Kombination mit Bahn und Nahverkehr anbieten.

Mit welchen Herausforderungen sehen sich die VDR-Mitgliedsunternehmen durch NDC konfrontiert?

  • Die Kombination von Continuous Pricing und personalisierten Angeboten führt zu weniger Markttransparenz, weniger Vergleichbarkeit und weniger Überprüfbarkeit der Angebote.
  • Durch das Wissen um individuelle Vorlieben oder Strecken kann der Flugpreis teurer werden.
  • Nutzung des Standards zur Unterstützung von Direktvertriebsstrategien und Steuerung der Reisenden auf die von der Airline präferierten Kanäle.
  • Mögliche Folge: Umgehung der Travel Policies durch Direktansprache der Reisenden B2C statt B2B2C – problematisch ist dies besonders für die vor- und nachgelagerten Prozesse aus den Bereichen

    • Compliance
    • Fürsorgepflicht
    • Datensicherheit
    • Abrechnung und Bezahlwege
  • Gebündelte und schlanke Prozesse in den o.g. Bereichen können unterbrochen werden, was zu Kosten und Missmanagement in den Unternehmen führt. Auch wird durch die Umgehung der Travel Policies die Position des Travel Managements in den Unternehmen geschwächt.

Das ist den Unternehmen wichtig mit Blick auf NDC:

  • Prinzipiell: Keine Vermischung privater und beruflicher Daten der Reisenden, um individuelle Vorlieben zu erkennen ohne Einverständnis der Reisenden.
  • Ausschließlich zweckgebundene Nutzung der Unternehmensdaten.
  • Ausschließlich zweckgebundene Nutzung der Daten von Reisenden – besonders mit Blick auf reiseübergreifende Angebote.
  • Auswahlmöglichkeit Opt-in bzw. Opt-out bei der Datenweitergabe.
  • Werden Daten nicht geteilt, dürfen daraus keine Nachteile hinsichtlich der Preisbildung entstehen.
  • Zugang zu allen Angeboten und Preisen.
  • Prozessintegration: Die Angebote und Distributionskanäle müssen zur Prozesswelt der Unternehmen passen und zu den unternehmensinternen Anforderungen an Kontrollen und Prozesse – d.h. Standardisierung der Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Prozessen.
  • Zeitnahe, verbindliche Festlegung sowie Verfügbarkeit marktfähiger Lösungen und Technologie-Anbieter, die Schnittstellen bereitstellen.
  • Alle Mittler und Onlinebuchungskanäle müssen bei der Unterstützung des NDC-Standards gleiche Behandlung erfahren.

Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass IATA im August 2019 den kostenfreien webbasierten NDC Matchmaker auf den Markt gebracht hat. Corporate Travel Manager können mit dessen Hilfe herausfinden, welche Fluggesellschaften NDC-Inhalte über welche Partner anbieten und diese vergleichen. Die Empfehlung für ein solches Tool hatte der VDR-Fachausschuss Flug im März 2017 über Claudia Adams von Allianz SE, Mitglied und jetzige Vorsitzende des European Travel Manager Advisory Group (TMAG), bei der IATA platziert.